Rückabwicklung der Globalisierung

Der Begriff Globalisierung bezeichnet den Vorgang, bei welchem weltweite Verflechtungen in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur, Umwelt und Kommunikation zwischen Individuen, Gesellschaften, Institutionen und Staaten zunehmen. Die Produktion von Gütern wird dorthin verschoben, wo es am preiswertesten ist.

Die deutsche Wirtschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten stark von der Globalisierung profitiert. Sowohl für die direkt exportierenden Unternehmen als auch für ihre indirekt exportierenden Zulieferer – häufig kleine und mittlere Unternehmen – ist das Auslandsgeschäft von hoher Bedeutung. Rund 28% der Erwerbstätigen und 31% der Bruttowertschöpfung hängen in Deutschland direkt oder indirekt vom Export ab. Dies ist eines der Ergebnisse einer von KfW Research in Auftrag gegebenen Studie zur Zukunft der Globalisierung und den Wachstumsperspektiven deutscher Unternehmen.

Dass die Auslagerung der Produktion nicht ungefährlich ist, wird bereits seit vielen Jahren diskutiert. Die theoretischen Gefahren sind aber mit dem Beginn der Corona Pandemie Anfang 2020 plötzlich sehr real geworden und wir alle haben die Probleme zu spüren bekommen.

Sie alle erinnern sich an die anfängliche Diskussion um die Maskenpflicht. Nicht das sich die Fachwelt nicht einig war, dass das Tragen einer Mund/Nase Bedeckung sinnvoll sei – eine Empfehlung dazu oder gar eine Anordnung dazu könnte nicht gegeben werden, weil wir schlicht weg nicht genügend Masken hatten. Fast sämtliches medizinisches Material wurde in China produziert und der weltweite Run auf medizinische oder FFP2-Masken ließ es nicht zu, die gewünschten Mengen zu liefern. Dazu zogen die Preise deutlich an. In der Konsequenz daraus wurde für viel Geld in der heimischen Industrie die Fertigung von eher sinnlosen Stoffmasken forciert. Das soll nur ein Bespiel sein für die Globalisierung.

Die Pandemie hat die Lieferketten in den letzten zwei Jahren stark gestört. Das Containerschiff „Ever Given“ hat den Suezkanal blockiert – die größten Seehäfen der Welt in China werden immer wieder durch neue Corona-Ausbrüche stillgelegt und Ladung wird nicht geliefert oder umverteilt. Das merkt die verarbeitende Wirtschaft auf der gesamten Welt. Chips und Halbleiter fehlen in der Automobilindustrie, so dass ganze Werke in Zwangsurlaub gehen müssen.

Die Knappheit an Gütern und Rohstoffen lässt die Preise deutlich steigen, was wir an unserer Inflation sehen können, die mit aktuell über 7,5% Höchststände seit vielen Jahrzehnten markieren. Hier dürfte noch lange nicht das Ende erreicht sein.

Seit dem 24. Februar 2022 ist mit dem Angriff von Putin auf die Ukraine noch einmal eine Verschärfung der Situation eingetreten. Die Sanktionspakete der Europäischen Union, der USA und einer Vielzahl weiterer Staaten lassen für die Wirtschaft wichtige Rohstoffe ausfallen.

Im Juli des letzten Jahres titelte das Handelsblatt über eine Studie des IFO Instituts noch: „Kein Ende der Globalisierung: Deutsche Wirtschaft setzt weiter auf weltweite Lieferketten“ und weiter: „Im Zuge der Pandemie fürchteten viele einen Rückbau der Globalisierung. Doch trotz schlechter Erfahrungen wollen deutsche Unternehmen an ihrem internationalen Kurs wenig ändern.“

Das kann bereits heute nicht mehr aktuell sein. Aus fast allen Wirtschaftskreisen werden die Töne lauter, sich wieder mehr auf die eigene Produktion zu konzentrieren. Es wird Zeit, die Abhängigkeit aus der Globalisierung zu reduzieren. Allein der Wegfall oder die Reduktion von sich bewegenden Gütern in Containern auf LKW und Schiffen als Lagerersatz würde in der Produktion mehr Sicherheit bringen. Zwar würde das die Kosten etwas erhöhen, aber auch die Sicherheit unseres Standorts. Und wenn Lieferketten nicht mehr funktionieren, geraten die Preise auch aus den Fugen. Wenn es auch nicht in allen Bereichen möglich sein wird, so wird sich die Globalisierung ein Stückweit abbauen.


Von Dirk Dürhager

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