„Wir haben eine Fragmentierung der Weltwirtschaft“: Folker Hellmeyer im Gespräch
Wir leben in bewegten Zeiten. Die Umbrüche der globalen Ordnung haben zweifelsohne große Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Folker Hellmeyer, Chefökonom der Netfonds AG, war hierzu in unserem Studio in Köln zu Gast. In der Podiumsdiskussion mit Florian Günther, Fondsmanager unseres IAB Strategy Funds, beantwortete er die folgenden Fragen:
- Findet derzeit eine De-Globalisierung statt? Und falls ja, was sind ihre Auswirkungen für die Finanzmärkte?
- Wie wird die Börse die US-Wahlen im November – und insbesondere eine Wiederwahl Donald Trumps – aufnehmen?
- Wie sollten Privatinvestoren ihre Strategie angesichts einer unsicheren globalen Ordnung ausrichten?
Hier können Sie sich das Gespräch in voller Länge ansehen. Unter dem Beitrag lesen Sie eine Zusammenfassung:
Wir erleben derzeit keine De-Globalisierung, sondern eine Fragmentierung der globalen Märkte.
Laut einer aktuellen Studie der Welthandelsorganisation (WTO) ist eine Blockbildung der globalen Wirtschaft zumindest im Ansatz erkennbar. Das Wachstum innerhalb der hypothetischen Blöcke „Ost“ und „West“ sei stärker als dasjenige zwischen den beiden Blöcken. Laut Folker Hellmeyer ist allerdings ein besonderes Augenmerk auf die Kaufkraftparität und den Rohstoffverbrauch zu legen. Bei letzterem habe der globale Süden einen Anteil von 70 % an der Weltwirtschaft. Das Wachstum liege in den einstmaligen Entwicklungsstaaten bei durchschnittlich 4 %, in den Industriestaaten hingegen um die Nullinie.
Für Deutschland stehen laut Folker Hellmeyer im globalen Wettbewerb harte Zeiten bevor. Das bisherige Geschäftsmodell Deutschlands bestand darin, Rohstoffe am Weltmarkt günstig einzukaufen, in Deutschland hochenergetisch industriell zu veredeln und die Produkte anschließend am Weltmarkt zu hohen Preise zu verkaufen. Insbesondere die Energiepolitik der vergangenen Jahre habe dieses Geschäftsmodell nahezu unmöglich gemacht. Deutschland bräuchte daher radikale Strukturreformen, um wieder Anschluss an den Wettbewerb zu finden.
Florian Günther ergänzt diese Einschätzung um den Aspekt der geistigen Leistungsfähigkeit. Für Innovation und Technologieführerschaft bedürfe es kluger Köpfe, die zunehmend das Land verlassen. Aus dem einstigen Land der „Dichter und Denker“ werde damit eine technologisch und wirtschaftlich rückständige Nation. Durch Wegzug gut ausgebildeter Fachkräfte und Zuzug unqualifizierter Migranten in die Sozialsysteme entstehe langfristig ein Defizit, das nur mittelfristig nur durch den Staat abgefedert werden kann. Dennoch seien die BRICS-Staaten im Hinblick auf die aktuellen Bewertungsniveaus und politischen Risiken nicht attraktiv.
Die US-Präsidentschaftswahl hat die Börsen immer beflügelt – besonders, wenn die Börsen während der vorangegangenen Midterm Elections geschwächelt haben.
„Die USA sind ausschlaggebend für mehr als 70 Prozent der westlichen Finanzmärkte“, sagt Florian Günther. Von den kriegerischen Auseinandersetzungen profitiere Amerika besonders. Mögliche Überraschungen bei den US-Wahlen seien nicht ausgeschlossen. Von Trump wären eine friedlichere Weltordnung sowie bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen und somit steigende Aktienmärkte zu erwarten. Historisch gesehen werden die Aktienmärkte von US-Wahlen beflügelt, insbesondere wenn der Markt bei den vorherigen Midterm Elections Schwäche gezeigt hat.
Folker Hellmeyer stimmt darin überein, dass Biden für die Weltwirtschaft wie auch für den Weltfrieden die gefährlichere Option sei. Bei einem erneuten Wahlsieg Bidens können ein Dritter Weltkrieg ausbrechen. Europa müsse sich völlig neu ausrichten – vor allem in der Bildungs-, Energie- und Infrastrukturpolitik – um wieder auf Augenhöhe zu den Amerikanern zu stehen. Folker Hellmeyer stellt zudem fest, dass eine große Vertrauenskrise gegenüber der europäischen Politik herrscht, die die Attraktivität für Investoren deutlich senke.
Die Finanzmärkte erweisen sich bei kriegerischen Auseinandersetzungen als robust – vor allem der Energiesektor profitiert von den aktuellen Verwerfungen.
Aus Sicht von Florian Günther profitieren Finanzmärkte zumindest in bestimmten Sektoren von kriegerischen Auseinandersetzungen, unter anderem Rüstung, Rohstoffe, Gold und den IT-Sektor. Auch im Krieg lasse sich erfolgreich investieren. Als Beispiele hierfür nennt Florian Günther die starke Kursanstiege bei Rheinmetall, Gold und Big Tech seit dem vergangenen Oktober. Von einem Engagement in den breit gestreuten Markt sei allerdings abzuraten.
Folker Hellmeyer sieht lediglich einen großen Dritten Weltkrieg als „knee jerk“, also als Umbruchpunkt für die Weltwirtschaft. Hingegen seien die Stellvertreterkriege in der Ukraine, im Nahen Osten und womöglich in Taiwan nicht entscheidend. Letztere Konfliktregion sei aufgrund der Bedeutung im Halbleitersektor aktuell noch für die USA relevant, aber durch Technologietransfer seien die Amerikaner bereits dabei, diese Flanke zu schließen.
Fazit: Ein gemischtes Portfolio aus Aktien und Edelmetallen ist langfristig die beste Absicherung
Die beiden Experten empfehlen Ihnen trotz der globalen Verwerfungen, am Aktienmarkt investiert zu bleiben und sich auch in Edelmetallen als Krisensicherung zu engagieren. Folker Hellmeyer weist daraufhin, dass ein Investment in Zinsprodukte immer ein Investment in Staaten sei – und diese seien in Zukunft weniger vertrauenswürdig als Unternehmen. Sachwerte sind also alternativlos. Vereinbaren Sie jetzt Ihr persönliches Strategiegespräch mit unserem Privatkundenbetreuer Philipp Schäferhoff, um mehr über unsere Lösungen zu erfahren:
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