Kapriolen an den Rohstoffmärkten

Der Krieg in der Ukraine hat zu heftigen Kapriolen an den Rohstoffmärkten geführt. So stieg der Nickelpreis vorletzte Woche binnen zwei Handelstagen um 250 %. Die Benzinpreise haben ein Rekordhoch erreicht, ein Ende der Preisspirale ist nicht in Sicht.

Wenn wir über Energie sprechen, meinen wir in der westlichen Industriewelt vor allem Gas und Öl. In beidem sind wir in Europa und noch einmal im besonderen Maße in Deutschland abhängig von Russland. Allein bei Erdgas bezieht Deutschland über 50 % seiner Bedarfsmenge aus russischen Quellen. Auch russische Kohle wird in Deutschland noch zu einem großen Teil für die Stromerzeugung eingesetzt. 2020 kamen 45 % der importierten Kohle und Kohleprodukte wie Briketts oder Koks aus Russland. 2021 stieg dieser Anteil nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts sogar auf 57 %. Ein kurzfristiger Ersatz gilt als schwierig. Der Kohlepreis steht derzeit bei 324 USD je Tonne (Stand 24.03.2022), zweitweise waren es sogar 440 USD.

Beim Öl sieht es nicht besser aus: Russland ist der zweitgrößte Erdölproduzent der Welt und steht für mehr als ein Zehntel der weltweiten Produktion. Der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge exportiert Russland täglich etwa 5 Mio. Barrel Rohöl. Selbst eine Reduktion dieser Menge wäre nur schwer aufzufangen, da die internationalen Märkte schon seit Monaten vom Öl-Kartell OPEC eher knapp versorgt werden. Das haben die Verbraucher in der jüngeren Vergangenheit vor allem an den Zapfsäulen zu spüren bekommen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat zur Entspannung der Versorgungslage in der zweiten Märzhälfte ein Energieabkommen mit dem Emirat Katar über die Lieferung von Gas abgeschlossen. Was daraus wird, muss man abwarten.

Die Bundesregierung gab zudem 435.000 Tonnen Öl frei, was laut Wirtschaftsministerium rund 3 % der deutschen Erdölreserve entspricht. Die Entscheidung Deutschlands folgt auf den Beschluss der Mitgliedstaaten der IEA vom 1. März 2022. Das Gremium hatte in einer Sondersitzung beschlossen, dass aufgrund der angespannten Lage wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine international insgesamt Ölreserven im Umfang von 60 Mio. Barrel freigegeben werden sollen.

Am 8. März, haben die USA einen Importstopp für russisches Öl verhängt. Eine gangbare Sanktion, da die USA im Vergleich zu Europa deutlich weniger von russischem Öl abhängig sind. Gerade einmal 100.000 Barrel pro Tag flossen vor dem Importstopp von Russland in die Vereinigten Staaten. Das sind lediglich 8 % der importierten Mengen. Ganz anders die Situation in Deutschland. Ein Öl- und Gasembargo seitens der EU würde Russland sehr viel härter treffen. Wohl aus Angst vor einem gewaltigen Versorgungsleck spricht sich die Bundesregierung bislang noch gegen einen Importstopp russischer Energieträger aus. Es war von Anfang an falsch, sich so abhängig von einem Lieferanten zu machen.

Ohne Edelmetalle steht die Industrie still

Die kriegsbedingte Verschärfung der Inflation betrifft unterdessen nicht nur die Energieversorgung. Nach den pandemiebedingten Logistik-Staus der vergangenen zwei Jahre treibt die neue Gefahr von Lieferengpässen auch die Preise anderer Industrierohstoffen in die Höhe. Vor allem Metalle sind betroffen. Ohne Metalle und Metallverbindungen ist die Herstellung von Industriegütern quasi unmöglich. Aluminium-Komponenten beispielsweise sind für den Bau von Autos, Flugzeugen, Gebäuden, Konsumgütern oder Verpackungen unabdingbar.

Nickel und Eisen sind Bestandteile verschiedener Stahlsorten, Kupfer befindet sich in nahezu sämtlichen elektrischen Produkten. Neben Aluminium und Kupfer ist vor allem Nickel erheblich teurer geworden. Russland ist nach China, Australien und Brasilien der viertwichtigste Produzent der Welt für Industriemetalle. Die beiden russischen Unternehmen Rusal und Norilsk Nickel sind sogar Weltmarktführer für Aluminium und Nickel.

Sanktionen westlicher Staaten haben die größten Container-Reedereien der Welt dazu veranlasst, Frachtlieferungen von und nach Russland auszusetzen. Die Preise an den Metallbörsen steigen in der Folge rapide an. Aluminium hatte am 7. März kurzfristig die Marke von 4.000 USD je Tonne erstmalig überschritten. Der Nickelpreis ist bis knapp unter 50.000 USD je Tonne gestiegen. Wir reden hier über eine Preissteigerung seit Anfang März von grob 65 %.

Die größte Metall-Importabhängigkeit von Russland besteht bei Palladium. Das Edelmetall wird unter anderem für die Herstellung von Katalysatoren für Autos und industrielle Anlagen verwendet. Hier hat Russland mit einem weltweiten Förderanteil von über 40 % eine besonders wichtige Rolle. Der Rohstoffpreis von Palladium je Feinunze (31,1 Gramm) übertraf sogar das Allzeithoch vom Februar 2020.

Ungewisse Zukunft im internationalen Rohstoffhandel

Bislang fließen Öl und Gas weiter nach Europa und auch andere wichtige Rohstoffe werden noch gehandelt. Allen Bereichen ist jedoch eins gemein: Die Angst vor Lieferengpässen lässt die Preise explodieren. Neben den genannten Energieträgern und den Industriemetallen sind auch Rohstoffe wie Stahl, Holz, Uran und Agrarrohstoffe wie zum Beispiel Weizen stark betroffen.

Die Politik ist hin- und hergerissen: Einerseits wollen die Regierungen Europas Druck durch wirtschaftliche Sanktionen auf Russland ausüben, um dem Krieg in der Ukraine Einhalt zu gebieten. Andererseits bestehen große Abhängigkeiten und handelspolitische Verflechtungen, deren Abbruch die eigenen Volkswirtschaften und damit letztlich auch die nationalen Bevölkerungen belasten wird.

Letztlich bedeuten die Erhöhungen der Weltrohstoffpreise auch einen weiteren Inflationsschub. Geldvermögen und Sparguthaben sind bleiben keine gute Idee.

Ruhe bewahren in Kriegs- wie Krisenzeiten

Wie sich der Krieg in der Ukraine weiterentwickeln wird, kann ebenso wenig vorhergesagt werden, wie die Kursentwicklung der Aktien. Sicher ist nur: es gibt Branchen und Bereiche, die stärker betroffen sind als andere. Öl- und Energietitel sowie Minen- und Rohstofftitel werden sehr wahrscheinlich Inflationsgewinner sein.

Auch die großen Tech-Konzerne halten sich bislang gut, Wachstumsaussichten sind weiter da. Allerdings trennt sich hier die Spreu vom Weizen, wie zum Beispiel der Absturz von Meta zeigt. Daneben gibt es viele Unternehmen und Werte mit Kursverlusten, die langfristig wieder auf Erholung und Wachstum hoffen dürfen.

Als Menschen können wir uns nur wünschen, dass der Krieg möglichst schnell endet. Als Anleger natürlich ebenso. Hier gilt jedoch einmal umso mehr, Ruhe zu bewahren, gerade mit Blick auf wertbasierte Langfristinvestments.


Von Kerstin Franzisi

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