Gastbeitrag: Ökologie und Geldpolitik

Können höhere Zinsen zu einer nachhaltigen Schonung von ökologisch notwendigen Ressourcen führen?

 

Ausgangslage

Der Zins gehört zu den wichtigsten Preisen in einer Marktwirtschaft. Unser wirtschaftliches Verhalten wird maßgeblich davon geprägt. Je höher der Zins ist, desto größer ist der Widerstand, sich zu verschulden. Es wird grundsätzlich genau geprüft, ob sich die angestrebten Projekte rechnen oder ob wir uns z.B. einen Konsumwunschleisten können. Bei hohen Zinsen sind wir noch viel zurückhaltender, wenn wir Kredite für unsere wirtschaftlichen Vorhaben aufnehmen müssen.

Seit Jahren bewegen sich die Zinsen in der EU auf einem untypisch niedrigen Niveau. Eine Änderung ist bis auf Weiteres nicht in Sicht. Eher im Gegenteil. Da überschuldete Staaten, Firmen und Privathaushalte bei steigenden Zinsen zahlungsunfähig würden, ist eine Fortsetzung der „Politik des leichten Geldes“ zu erwarten. Insbesondere die EZB mit hochverschuldeten Staaten im Süden Europas wird hier absehbar Kurs halten. Vermutlich auch – wie bisher – die Bank of Japan und die wichtigste Notenbank der Welt, die Fed in den USA.

Der frühere Fed-Chef Paul Volcker hatte in den USA in den 80er Jahren dagegen noch eine stabilitätsorientierte Geldpolitik durchgesetzt, die heute unvorstellbar erscheint. Die Leitzinsen wurden damals auf heute unvorstellbare 20 Prozent angehoben. Die scharfe Rosskur wirkte. Lag die Inflationsrate 1980 noch bei 13,5% pro Jahr, konnte sie bis 1983 auf 3,2% gesenkt werden. Ein Riesenerfolg, denn nach der scharfen Intervention der US-Notenbank und dem Rückgang der Inflation normalisierte sich auch die Zinsentwicklung wieder. Eine Zombiefizierung der Wirtschaft wurde vermieden.

Ganz anders heute:

Wir müssen mit der „Politik des leichten Geldes“ der führenden Notenbanken weiter mit niedrigen Nominalzinsen rechnen. EZB-Chefin Christine Lagarde hat sogar beteuert, die Zinsen im kommenden Jahr nicht zu erhöhen. Das ist angesichts der aktuellen Inflationssorgen zwar absurd, denn die Notenbank wäre zur Sicherung der Preisstabilität ihrem Mandat entsprechend dazu verpflichtet, die Leitzinsen anzuheben. An ihrer Entschlossenheit sollte man nicht zweifeln, die Zinsen nicht zu erhöhen. Diese faktennegierende Geldpolitik bedeutet für uns: Nach Abzug der steigenden Inflation werden die Zinsen real absehbar immer weiter ins Negative rutschen.

Im Falle von Nullzinsen wird grundsätzlich der Kredit gefördert, der vermeintlich nichts oder zumindest wenig kostet. Es fehlt die Gegenwehr für Schuldenmachen (Dr. Wolfgang Warth). Der Rationalisierungsdruck nimmt ab, ineffiziente Monsterunternehmen entstehen, die nicht vom Markt verschwinden. Die Fehlallokation der Mittel hat Folgen für die Realwirtschaft, aber auch für die Ökologie. Politiker werden durch den befürchteten Arbeitsplatzabbau bei einem wieder funktionsfähigeren Markt mit mehr Wettbewerbsdruck alles tun, um die Politik des leichten Geldes fortzuführen und einen entsprechenden Druck auf die Notenbank ausüben.

Wirkungen höherer Zinsen auf die Realwirtschaft

Der Niedrigzins führte zu einem Konsumrausch und steigenden Assetpreisen (Aktien und Immobilien) nach dem Motto „nach mir die Sintflut“. Sparen ist bei höheren Zinsen attraktiver und vermeidet so auch die Zerstörung der Umwelt (vgl. Markus Krall: Freiheit oder Untergang, München 2021, S. 83, 182).

Das Wachstum wird durch hohe Zinsen eher gebremst. Mit fallenden Zinsen und Interventionen der Regierungen werden Unternehmensvertreter mutiger, zu investieren. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn dies durch staatliche Fördermaßnahmen begünstigt wird. Das Wachstum ist aber nicht wertschöpfend. Es rechnet sich ökonomisch und auch ökologisch nicht. Es wird auf Halde produziert, wie dies in der EU schon häufig durch Fehlanreize der Fall war. Statt einer solchen zunehmend planwirtschaftlich anmutenden Lenkungsökonomie wäre es marktwirtschaftskompatibel, Knappheiten zuzulassen. Das ist ressourcenschonender.

Auch Geld sollte ein knappes Gut bleiben und nicht zu Unsinn verleiten. Das staatlich geförderte Wachstum kann noch so propagandistisch ökologisch verpackt werden, wer Märkte ausschaltet, befindet sich auch umweltpolitisch auf dem Holzweg.

Aber das lässt sich auch individuell herunterbrechen. Wachstum ist kein sinnvolles Ziel für die Gesamtgesellschaft, Ludwig Erhard lehnte dies immer ab. Der Einzelne sollte über sein Leben entscheiden, nicht der lenkende Staat. Ein Niedrigzins für private Verschuldungsorgien in Folge eines übertriebenen Konsumrausches ist fragwürdig. Für anspruchsvolle Menschen ergibt sich die Gefahr von Unzufriedenheit, wenn sie Verzicht üben müssen. Eine „weniger enttäuschungsanfällige Lebensform“ kann aber auch eine „ökologischere“ sein – „ökologisch im Verhältnis zu den endlichen psychischen (und körperlichen) Ressourcen des Subjekts.“ (zitiert aus Andreas Reckwitz: Das Ende der Illusionen -Politik, Ökonomie und Kultur in der Spätmoderne, Berlin 2019).

Höhere Zinsen, weniger Wachstum weniger Ressourcenverbrauch

Ich gehe davon aus, dass der Abbauumfang ökologisch notwendiger Ressourcen auch durch den Zins beeinflusst ist.

Für die Besitzer von Ölfeldern ist zu entscheiden, wie viel sie bei begrenzten Ressourcen anbieten.

Sehen sie die Gefahr, dass sie künftig nicht mehr so viel fördern dürfen, werden sie aus dem Boden rausholen, was möglich ist. Bei dem Abbau inländischer Braunkohle ist es beispielsweise offensichtlich, dass die Betreiber aus Furcht vor zunehmenden politischen Widerstand, nicht zuletzt durch die Diskussion über die Schädlichkeit von CO2-Emissionen, möglichst viel fördern.

Wie würde sich ein höherer Zins auswirken? Alternativanlagen würden sich eher rechnen (vgl. H.W. Sinn: Das grüne Paradoxon, Berlin 2008, S. 403).

Damit würde der Druck, Ressourcen schnell abzubauen, gemindert. Mit der Geldflutung und den damit verbundenen Niedrigzinsen steigt auch der Inflationsdruck. Damit legen optisch auch die Assetpreise zu, der Preis des verfügbaren Kohlevorkommens ist (ceteris paribus) aber nur inflationär aufgebläht. Dieser Scheingewinn geht mit einer noch niedrigeren Realverzinsung einher. Die von der EZB verordneten Niedrigzinsen wirken mit der steigenden Inflation umverteilend, kurbeln zumindest temporär das Wachstum und schonen die vorhandenen Rohstoffressourcenschonung nicht. Eine Welt auf Pump ist auf Sand gebaut. Sie ist weniger stabil und nicht nachhaltig bei der Schonung der Umwelt und der vorhandenen Ressourcen.

Fazit

M.E. spricht mehr dafür, das höhere Zinsen zu einer nachhaltigen Schonung von ökologisch notwendigen Ressourcen führen. Statt einer gängelnden Bürokratie, z.B. durch die geplante Umsetzung der Taxonomieregeln, wäre es besser, die ordnende Kraft der Marktwirtschaft und die positiven Folgen für Ökonomie und Ökologie wieder zu ermöglichen. Jeder von uns muss trotz der Incentives, über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse zu leben, dazu gehört im Wesentlichen auch ein administrativ festgesetzter zu niedriger Zins, eine Lebensform wählen, die angemessen für ihn und ihn vor Enttäuschungen bewahrt. Dabei ist es sinnvoll, sich an den langfristig weit höheren Zinsen als derzeit zu orientieren. Schon der wegen dieses Spruches viel kritisierte Ludwig Erhard sprach vom „Maß halten!“. Das ist sicherlich auch ökologisch vorteilhaft.


Ulrich Horstmann

erstmalig veröffentlicht 26.November 2021

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